Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Merz,
mit großer Bestürzung haben wir, Yekmal e.V. – ein kurdischer Elternverein in Deutschland – Ihre jüngsten Äußerungen vernommen, in denen Sie die Anwesenheit von Migrantinnen und Migranten als „Problem im Stadtbild“ bezeichnet und sie lediglich als „Teil des Arbeitsmarktes, nicht Teil der Gesellschaft“ dargestellt haben.
Diese Worte verletzen nicht nur viele Menschen mit Migrationsgeschichte, sondern sie untergraben auch das gemeinsame Fundament unserer demokratischen Gesellschaft. Sie vermitteln den Eindruck, dass Zugehörigkeit nicht durch Engagement, Verantwortung oder Teilhabe entsteht, sondern an Herkunft gebunden ist – ein Signal, das Spaltung fördert, anstatt Zusammenhalt zu stärken.
Wir, die kurdische Community, sind Teil dieser Gesellschaft. Seit Jahrzehnten leben, arbeiten und engagieren wir uns in diesem Land. Wir sind Ärztinnen, Lehrer, Pflegekräfte, Studierende, Handwerker, Künstlerinnen und Unternehmer. Wir tragen zur Wirtschaft, zur Kultur und zum sozialen Zusammenhalt bei. Viele von uns sind hier geboren oder haben hier ihre neue Heimat gefunden. Unsere Kinder wachsen mit der deutschen Sprache, mit demokratischen Werten und mit dem Bewusstsein auf, dass sie ein Teil dieser Gesellschaft sind – und bleiben wollen.
Deutschland ist längst eine Einwanderungsgesellschaft. Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte – darunter viele Kurdinnen und Kurden – sind fest in diesem Land verwurzelt. Sie tragen tagtäglich zu seiner wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung bei. Auch wir als kurdischer Elternverein setzen uns seit vielen Jahren für Bildungsgerechtigkeit, Mehrsprachigkeit, gesellschaftliche Teilhabe und den interkulturellen Dialog ein.
Unsere Arbeit zeigt täglich: Migration ist kein Problem, sondern eine Realität und Bereicherung für dieses Land. Kinder und Familien mit verschiedenen sprachlichen und kulturellen Hintergründen sind Teil der deutschen Gegenwart und Zukunft.
Wir erwarten von der Bundesregierung – und insbesondere von Ihnen als Bundeskanzler – eine Haltung, die diese Realität anerkennt und stärkt. Integration bedeutet Teilhabe und gegenseitige Anerkennung und respektvollen Umgang.
Wir fordern Sie auf, Ihre Worte zu überdenken und ein klares Zeichen zu setzen für ein offenes, vielfältiges und solidarisches Deutschland, in dem alle Menschen – unabhängig von Herkunft, Sprache oder Religion – als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft anerkannt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Verein der Eltern aus Kurdistan in Deutschland e. V. (Yekmal e.V.)
Berlin, den 27.10.2025